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"Organisation und Struktur machen keine Kirche"

Heinrichsfest 2018 - Geistliches Spiel
Datum:
Veröffentlicht: 1.8.18
Von:
Christoph Gahlau

Ehemaliger Generalvikar Alois Albrecht textet geistliches Spiel "Kirche sind wir alle"

Bamberg – Erkennt die Zeichen der Zeit! Mit einem „Weckruf an die Gemeinden“ wendet sich der frühere Bamberger Generalvikar, Prälat Alois Albrecht, an die Katholiken im Erzbistum Bamberg. Mit seinem geistlichen Stück „Kirche sind wir alle“, das im Rahmen des Heinrichsfestes zwei Mal gespielt wurde, richtet Albrecht sich einerseits an die Gläubigen. Sein Appell lautet daher: „Ihr seid Kirche!“ Gleichzeitig aber ist sein Stück als ein deutlicher Appell an die Bistumsleitung zu sehen: „Organisation und Struktur machen keine Kirche!“. Und es solle nicht vergessen werden, dass Seelsorge eben auch Seelsorger brauche, die sich um Menschen kümmerten.

In Anlehnung an die sieben Briefe aus der Offenbarung des Johannes hat Albrecht nun sieben Briefe und einen Zusatzbrief an die Gläubigen im Erzbistum Bamberg verfasst. Seien es nun die Gläubigen in den Großstädten, im ehemaligen katholischen Hochstift Bamberg, auf den Dörfern oder auch den evangelischen Gebieten. Martin Neubauer spielte den Johannes und brachte die Briefe zu Gehör. Ergänzt wurde das geistliche Spiel „Kirche sind wir alle“ durch Meditationen und Bibeltexte, die von Nadine Panjas und Eva Steines vorgetragen wurden.

Im ersten Brief ermutigt Albrecht die Katholiken: „Kirche seid ihr entweder vor Ort oder sie ist nicht.“ „Auf euch kommt es an, in eurem Dorf, in eurem Ortsteil.“ Kirche könne nur dort sein, wo auch Menschen bereit seien, am Reich Gottes mitzuwirken. „Ihr seid nicht nebenher Christen oder auch Christen, sondern ihr seid mit eurem ganzen Menschsein hineingebunden in die Liebe Gottes durch eure Taufe.“

Großstädte – Wiege des Christentums

Das Christentum, so der Beginn des zweiten Briefes an die Großstadtgemeinden im Raum Nürnberg – Fürth – Erlangen sei in den damaligen Großstädten gewachsen. Erst nach über drei Jahrhunderten habe das Christentum auch auf dem Land Fuß gefasst. Heutzutage, so scheine es, als käme das Ende des Christentums aus den Großstädten. Schon bald werde in den Großstädten nicht einmal jeder Zweite mehr getauft sein. Dabei erfasse die Statistik nur die Mitgliedschaft. Viele hätten sich inzwischen von der Kirche entfremdet. Auch hier lässt Albrecht Johannes appellieren: „Dagegen hilft keine Neuorganisation und keine neue Struktur. Dagegen hilft nur die Rückbesinnung an den Anfang und der Beginn einer neuen Evangelisation.“ Die Christen sollten sich nicht nur auf den Papst, die Bischöfe und die Priester verlassen. Es bedürfe des Mitwirkens aller, die „noch mehr sein wollen als Taufscheinchristen“.

Viele kleine Kirchen in den ländlichen Regionen, vor allem im ehemaligen Hochstift Bamberg, seien herausgeputzt. Doch die Pfarrhäuser stünden oft leer. Viele Gemeinden fühlten sich allein gelassen, heißt es im dritten Brief. „Dagegen hilft nicht noch mehr Organisation und noch mehr Struktur. Dagegen hilft nur das Bewusstwerden, dass ihr selbst Kirche seid. In dieses Bewusstsein müsst ihr hineinwachsen. Zu warten, dass dieses Zusammengespanntsein sich auflöst … ist zu wenig.“ Daher auch die Aufforderung: „Nehmt Eure Pfarrei in Eure Hände!“

Der vierte Brief richtet sich an die Stadtgemeinden in den evangelisch geprägten Gebieten des Erzbistums. Auch hier beginnt der Brief mit einer Feststellung, nämlich, dass die Bindung an die Kirche dünner geworden sei, die Kirche „nur noch als Dienstleister an den Schwellenpunkten des Lebens“ wahrgenommen werden. Gleichzeitig fordert der vierte Brief sich mit Christen am Ort, „auch wenn sie anderer Konfession sind“ zusammen zu tun. „Mit ihnen sollt ihr Zeugen der Frohbotschaft Gottes sein.“

Im fünften Brief an die katholischen Stadtgemeinden im ehemaligen Hochstift Bamberg beklagt der ehemalige Generalvikar die Entfremdung der Seelsorger. Man sehe sich oft nur noch bei offiziellen Anlässen und eben nicht mehr auf der Straße oder den Geschäften. Die Wege zu den Seelsorgern seien größer geworden. Und so stellt Albrecht in seinem geistlichen Spiel Fragen, die offensichtlich vielen Gläubigen, wie der anschließende Applaus zeigt, auf den Nägeln brennen: „Warum werden verheiratete Männer, im Leben erfahren nicht zu Priestern geweiht und warum werden Frauen zu den Dienstämtern der Kirche nicht zugelassen? Warum gibt es in unserer Kirche für Frauen keine Gleichberechtigung? Könnte es nicht Priester/innen gegen, nebenberuflich und mit Zivilberuf, wie schon jetzt bei den Diakonen? Könnten nicht Gemeinden ihre Vorsteher/innen zur Eucharistie selbst wählen und dem Bischof zur Weihe vorschlagen?“ Schließlich seien Seelsorgerinnen und Seelsorger notwendig, die eine geistliche Hilfe anbieten könnten.

Tragt das Evangelium in Eurem Herzen

An den „heiligen Rest“ der kleinen katholischen Gemeinden in den Pfarrgemeinden und Filialkirche in der Diaspora richtet sich der sechste Brief. Auch wenn die Schar der Gläubigen inzwischen klein geworden sei, so wird ihnen hier Mut zugesprochen: „Vieles wird sich ändern und Vieles wird zu Ende gehen. Eines aber wird bleiben: das Evangelium.“ Und so appelliert Johannes, dass die Gläubigen das Evangelium in ihrem Herzen weitertragen sollten.

Der siebte Brief richtet sich noch einmal an alle Gemeinden im Erzbistum Bamberg. Es werde viel gejammert über die Struktur und immer weniger Gottesdienstbesucher, über die fehlenden Priester und das fast völlige Verschwinden des Bußsakraments. Doch Kirche, so die Botschaft von Alois Albrecht, ist eine Kirche, „die Sauerteig ist und Salz und Licht und Brot für das Leben der Welt“. Die Kirche solle eine „Kirche der Frohbotschaft, des Lebens, des Geistes sein.“ Deshalb die Aufforderung: „Kehrt um! Die Zeit ist erfüllt. Das Reich Gottes ist nahe. „Ich Johannes möchte euch sagen: Erkennt die Zeichen der Zeit!“

 

Erschienen im Heinrichsblatt Nr. 28 vom 15. Juli 2018. Autor Christoph Gahau

Heinrichsfest 2018 - Geistliches Spiel
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